1-24. Szene Zimmer
des Generalstabschefs Conrad von Hötzendorf
Österreichischer Generalstabschef Feldmarschall Conrad
von Hötzendorf, Flügeladjudant Major Friedrich Kundmann, Hofphotograph Charles
Skolik
Conrad von Hötzendorf allein. Haltung: die Arme gekreuzt,
Standfuß und Spielfuß, sinnend.
Conrad von Hötzendorf (mit
einem Blick gen Himmel): Wann nur jetzt der (Photograph) Skolik da wär!
Ein Major (kommt):
Exlenz melde gehorsamst, der Skolik ist da.
Conrad von Hötzendorf:
Was denn für ein Skolik?
Major Kundmann:
Na der Hofphotograph Skolik aus Wien, der was seinerzeit, während des
Balkankrieges, die schöne Aufnahme gemacht hat, wie Exlenz in das Studium der
Balkankarte vertieft sind.
Conrad von Hötzendorf:
Ach ja, ich erinnere mich dunkel.
Major Kundmann: Nein,
ganz hell, Exlenz, volle Beleuchtung.
Conrad von Hötzendorf:
Ja, ja, ich erinnere mich, das war glorios.
Major Kundmann:
Er beruft sich darauf, daß ihn Exlenz wieder bestellt haben.
Conrad von Hötzendorf:
No bestellt kann man grad nicht sagen, aber eine Anregung hab ich ihm zukommen
lassen, weil der Mann wirklich hübsche Aufnahmen macht. Er schreibt, er weiß
sich vor die illustrierten Blätter nicht zu helfen, die Aufnahme damals hat
seltenen Sükses ghabt, kurzum –
Major Kundmann: Er
hat auch die Bitte, ob er jetzt in Einem die Herrn Generäle aufnehmen könnt.
Conrad von Hötzendorf:
Wär mir nicht lieb! Die solln sich nur ihre eigenen Photographen kommen lassen.
Major Kundmann:
Er sagt, die ham kan Kopf, da macht er eh nur a Brustbild.
Conrad von Hötzendorf:
Ah, das is was andres. Also herein mit dem Skolik! Warten Sie – sollen
wir wieder beim Studium der Balkankarte – das war ja außerordentlich
– aber ich denk, zur Abwechslung vielleicht die
italienische –
Major Kundmann:
Das paßt jetzt entschieden besser.
(Conrad v.
Hötzendorf breitet die Karte aus und versucht verschiedene Stellungen. Er ist,
wie der Photograph mit dem Major eintritt, bereits in das Studium der Karte vom
italienischen Kriegsschauplatz vertieft. Der Photograph verbeugt sich tief. Der
Major stellt sich neben den Tisch. Er und Conrad blicken starr auf die Karte.)
Conrad von Hötzendorf:
Was gibt's denn schon wieder? Kann man denn keinen Augenblick – ich bin
doch gerade –
(Der Major zwinkert dem Photographen zu.)
Skolik: Nur eine
kleine Spezialaufnahme, Exzellenz, wenn ich bitten dürfte.
Conrad von Hötzendorf:
Ich arbeite gerade für die Weltgeschichte und da –
Skolik: Ich soll
nämlich für das Interessante Blatt und da –
Conrad von Hötzendorf:
Aha, zur Erinnerung an die Epoche –
Skolik: Ja, auch
für die Woche.
Conrad von Hötzendorf:
Aber da kommt man am End zwischen unsere Generäle, das kenn ich schon, da möcht ich lieber –
Skolik: Nein,
Exzellenz, darüber können Exzellenz vollkommen beruhigt sein. Bei dem
unsterblichen Namen, den Exzellenz haben, versteht sich das von selbst, daß
Exzellenz ganz separat erscheinen. Die andern, die kommen alle zsamm, so unter
der Rubrik »Unsere glorreichen Heerführer« oder so, einzelweis kommeten s'
höchstens für Ansichtskarten.
Conrad von Hötzendorf:
So? Wen ham S' denn da, vergessen S' mr den Höfer nicht, das is ein gar ein tüchtiger
Mann, der kriegt 20.000 Kronen Feldzulage dafür, daß er täglich seinen Namen
lesen muß, wenn er am Ring die Extraausgab kauft.
Skolik: Is scho
vorgemerkt, Exzellenz, selbstverständlich, in erster Linie.
Conrad von Hötzendorf:
Was, erste Linie, hammer an Gspaß ghabt! No wo tun S' mich dann selber hinmanipuliern?
Nur nicht auffallend, nur nicht auffallend mein Lieber wissen S', nicht mit die andern, diskret! immer diskret!
Skolik: Der Raum
ist bereits eigens reserviert. Es wird das Titelbild sein, von der Woche
nämlich. Eine sehr eine intressante Nummer, aus Wien hab ich noch die
Probiermamselln von der Wiener Werkstätten und den Treumann zu liefern, es
kommt aber auch noch, wie ich sicher weiß, Seine Majestät der deutsche Kaiser
auf der Sauhatz, eine bisher unbekannte Aufnahme und gleich daneben sehr sensationell,
Allerhöchstderselbe im Gespräch mit dem Dichter Ganghofer. Also ich glaube
Exzellenz –
Conrad von Hötzendorf:
No ja, nicht übel, nicht übel – aber, lieber Freund, im Augenblick bin
ich leider – können S' nicht bißl später kommen, ich bin nämlich –
ich sag's Ihnen im Vertrauen, Sie dürfen's nicht weiter sagen, ich bin nämlich
grad beim Studium der Karte vom Balkan – ah was sag ich, von
Italien –
(Der Major zwinkert dem Photographen, der zurücktreten
will, zu.)
Skolik: Das
trifft sich gut – das ist ein Augenblick der höchsten Geistesgegenwart,
den muß man beim Zipfel erwischen. Ich siech schon die Aufschrift:
Generaloberst Conrad v. Hötzendorf studiert mit seinem Flügeladjutanten Major
Rudolf Kundmann die Karte des Balkan-, ah was sag ich, des italienischen
Kriegsschauplatzes. Derf's so heißen, Exzellenz?
Conrad von Hötzendorf:
Na also meinetwegen – weil's der Kundmann will, der kann's ja gar net
erwarten –
(Er starrt unablässig auf die Karte, der Major, der sich
nicht vom Fleck gerührt hat, gleichfalls. Beide
richten ihren Schnurrbart.)
Conrad von Hötzendorf:
Wird's lang dauern?
Skolik: Nur
einen historischen Moment, wenn ich bitten darf –
Conrad von Hötzendorf:
Soll ich also das Studium der Karte vom – also von Italien –
fortsetzen?
Skolik:
Ungeniert, Exzellenz, setzen nur das Studium der Karten fort – so –
ganz leger – ganz ungezwungen – so – nein, das wär bißl
unnatürlich, da könnt man am End glauben, es is gstellt – der Herr Major
wenn ich bitten darf, etwas weiter zrück – der Kopf – gut is
– nein, Exzellenz, mehr ungeniert – und kühn, bitte mehr kühn!
– Feldherrnblick, wenn ich bitten darf! – es soll ja doch –
so – es soll ja doch eine bleibende histri – historische Erinnerung
an die große Zeit – so ist's gut! – nur noch – bisserl
– soo – machen Exzellenz ein feindliches Gesicht! bitte! jetzt
– ich danke!
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