2-22. Szene                                                                                                                                              Standort des Hauptquartiers. Eine Straße

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Hauptmann des Kriegspressequartiers, Journalist / Armeeoberkommandant Erzherzog Friedrich (älterer korpulenter Herr mit Koteletts und Zwicker der in jeder Hand einen Marschallsstab trägt) / Heereslieferanten, Offiziere, Prostituierte, Journalisten

Man sieht Heereslieferanten, Offiziere, Prostituierte, Journalisten. Ein Hauptmann des Kriegspressequartiers und ein Journalist treten auf.

Hauptmann: Also, den Prospekt für das Werk »Unsere Heerführer« – hörn S' zu Dokterl und schaun S' sich nicht allerweil nach die Menscher um, jetzt is Krieg – also den Prospekt hab ich fertig und jetzt müssen S' ihn wenn noch ein Fehler is, umbessern.

(Er liest vor:) »Wenn einst die brandenden Fluten des Weltkrieges verrauscht sind, wenn die tröstende Zeit die Wunden geheilt, die Augen getrocknet hat, dann schauen wir klaren Blickes zurück auf die glorreichen Tage, da eiserne Fäuste das Weltgeschick schmiedeten!«

Jetzt separate Zeilen, passen S' auf –

»Und über allem tauchen die Gestalten jener Männer auf, die in dieser Zeit unser und unseres Vaterlands Schicksal gewesen.«

Fett!

(Man sieht im Hintergrund einen älteren korpulenten Herrn mit Koteletts und Zwicker, der in jeder Hand einen Marschallsstab trägt, über die Bühne von rechts nach links gehen.)

Hauptmann:

»Voll Verehrung und Liebe blicken wir auf sie, die berufen waren, in unermüdlich heißem Ringen, gleich jenen Helden in der vordersten Front, das Schlachtengeschick zu lenken –«

Der Journalist: Moment, die Heerführer sind also genau so viel wie die Helden in der vordersten Front, die das Schlachtengeschick lenken, also wieso?

Der Hauptmann: Machen S' keine Gspaß, sonst schick ich Ihna selbst an die Front.

Der Journalist: Sie – mich?

Der Hauptmann: Tun S' Ihnen nix an. Wenn der Prospekt schön ausfallt, is keine Gefahr mehr für mich. Hörn S' zu Dokterl.

»Begeisterung und innigste Dankbarkeit soll diesen Helden – «

Der Journalist: Den Schlachtenlenkern in der vordersten Front? Ach so, ich versteh, jetzt meinen Sie wieder die Heerführer.

Der Hauptmann: Pflanzen S' wen andern, also

» – in unseren Herzen ein Denkmal errichten und sie dauernd darin fortleben lassen, als Beispiel höchster Pflichterfüllung und Aufopferung für das Wohl des Vaterlandes.«

Noch fetter.

(Man sieht im Hintergrund den älteren korpulenten Herrn mit Koteletts und Zwicker, der in jeder Hand einen Marschallsstab trägt, über die Bühne von links nach rechts geben – der Armeeoberkommandant Erzherzog Friedrich.)

Der Hauptmann: Hören S' zu Dokterl und schaun S' sich nicht allerweil nach die Menscher um!

»Maler Oskar Brüch hat diesem Denkmal in edler Weise greifbare Formen verliehen. Lebenswahr und charakteristisch hielt sein Griffel ihre Züge fest und schuf so ein Werk »Unsere Heerführer« von historischer Bedeutung, welches berufen sein wird, nicht allein Namen und Bilder der Großen unserer Zeit – «

Am fettesten!

(Man sieht im Hintergrund jenen älteren korpulenten Herrn mit Koteletts und Zwicker, der in jeder Hand einen Marschallsstab trägt, über die Bühne von rechts nach links geben.)

Der Hauptmann:

»der Nachwelt zu überliefern, sondern auch eine Zierde jeder Bibliothek und jedes Hauses zu werden – «

Jetzt muß noch was über die geschichtliche Bedeutung der einzelnen Dargestellten kommen – ja meine Herrn, dreht sich schon wieder um, Sie mein Lieber, wir sind hier im AOK (Armeeoberkommando) und schließlich in kan Bordell, verstanden?

Der Journalist: Sie, war das nicht die Kamilla vom Oberstleutnant?

Der Hauptmann: Wenn S' an Gusto haben, schick ich s' Ihnen zur Konschtatierung (Nachmusterung), aber den Prospekt müssen S' mir durchsehn –

Der Journalist: Gemacht.

Der Hauptmann: Und dann kommt was über die Mappe, außerordentlich vornehm gehalten, erlesenster Geschmack, günstige Bezugsbedingungen, Unterschrift k. u. k. Kriegsministerium, Punktum. No was sagn S' Dokterl?

Der Journalist: Herr Hauptmann, ich mach Ihnen mein Kompliment, wie Sie die Sprache beherrschen, kein Berufsjournalist hätte das wirksamer abfassen können.

Der Hauptmann: Was? Und richtig, vorn am Prospekt geben wir als Illustrationsprobe, damit man gleich einen Begriff bekommt vom Weltgeschick und von der höxten Aufopferung, das Bild jenes Mannes, der uns das alles in einer geradezu beispielgebenden Weise verkörpert!

(Man sieht im Hintergrund den älteren korpulenten Herrn mit Koteletts und Zwicker, der in jeder Hand einen Marschallsstab trägt, über die Bühne von links nach rechts gehen.)