3-17. Szene Eine
andere protestantische Kirche
Pastor Geier
Pastor Geier: – Und schauet um euch: Glänzende Leistungen
des deutschen Tatengeistes reihten sich wie die Perlen einer schimmernden
Schmuckkette aneinander. Er schuf sich das Wunderwerk des U-Bootes. Er stellte
jenes märchenhafte Geschütz her, dessen Geschoß bis in die Ätherregionen des
Luftmeeres aufsteigt und Verderben über mehr als hundert Kilometer in die
Reihen des Feindes trägt! Aber nicht nur daß der deutsche Geist uns mit Waffen
versorgt, er wird nicht müde, auch an der Schutz- und Trutzwehr des Gedankens
zu schaffen. Wie ich euch heute mitteilen kann, arbeitet Schulze in Hamburg im
Auftrage unseres Auswärtigen Amtes an einer grundlegenden wissenschaftlichen
Arbeit über »Leichen- und Grabschändungen durch Engländer und Franzosen«, eine Arbeit, die zu internationalen
Propagandazwecken verbreitet werden, die uns die Sympathien des neutralen Auslandes erobern soll und der wir
nur vom Herzen einen Widerhall bei den noch zweifelsüchtigen Nachbarn
wünschen müssen. Allüberall in deutschen Gauen erwachen die Geister, bereit,
für unsere gerechte Sache zu werben, die Trägen zu ermuntern, die Abtrünnigen
zu bekehren und uns neue Freunde zu gewinnen. Unsere Regierung hat in weiser
Voraussicht erkannt, daß die Schweiz nicht nur als Durchgangsstation für unsere
Bombentransporte in Betracht kommt, sondern auch dankbar dafür sein mag, in
Wort und Bild der Erkenntnis der Methoden unserer Kriegführung teilhaft zu
werden. Die Versenkung ungezählter Tonnen von Lebensmitteln
durch unsere U-Boote, in Filmdarstellungen vorgeführt, ist von einer derart
packenden Wirkung, daß das neutrale Publikum, zumal die Frauen, die ja
für den Verlust solcher Schätze besonders empfänglich sind, ohnmächtig werden,
und allmählich bricht sich die Einsicht Bahn, daß der Schaden, den wir unsern
Feinden zufügen, nachgerade unermeßlich ist! Das deutsche Wort bleibt dabei
keineswegs im Hintertreffen.
»Champagneschlacht«
ist der Titel einer vom Sekretariat sozialer Studentenarbeit in Stuttgart
herausgegebenen Broschüre, die vornehmlich den Schweizer Intellektuellen zugedacht ist. Nehmet
euch die Worte zu Herzen in dem herrlichen Gedicht, dem Soldatengebet, das ich
in dieser trefflichen Propagandaschrift gefunden habe, welche unsre Regierung
bereits nach dem neutralen Auslande versandt hat, um dort Aufklärung über
deutsche Eigenart zu verbreiten, Verständnis für deutsches Wesen zu erwecken
und so allmählich zum Abbau des Hasses, mit dem man uns verfolgt, beizutragen:
Hört ihr die
Soldaten beten?
Unser Gott ist
unsre Pflicht!
Aus den
Schlünden der Kanonen
Unsre stärkste
Liebe spricht.
Schießen wir
ihm die Patronen-
Vater-Unser
durch den Lauf,
Und ein Kreuz
soll darauf thronen:
»Bajonette pflanzet auf!«
Kameraden,
laßt Schrapnelle-
Kugeln als Weihwasser
streun,
Laßt Granaten
Weihrauch qualmen,
Laßt die
Sünden uns bereun:
Unverschoßner
Minen Psalmen
Unterlassungssünden
sind;
Wenn die erst
den Feind zermalmen,
Löst die Sünde sich
geschwind.
Hängt die
Kugel-Handgranaten-
Rosenkränze um
die Brust.
Wenn die
Perlen jäh zerknallen,
Stirbt des
Feindes Kampfeslust.
Laßt die Wacht
am Rhein erschallen,
Unsres Zornes
Stoßgebet,
Händefalten
wird zum Krallen,
Wenn's um
Gurkhagurgeln geht.
Wir sind
einmal Henkersknechte,
Gott hat selbst uns ausgewählt!
Und so schauet denn um
euch und betet im Angesicht der Wunder des Herrn: Bring uns, Herr, ins
Paradies!
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