3-37.Szene Abonnent
& Patriot (4) – Kein Badezimmer in Downing Street
Abonnent der Neuen Freien
Presse, Patriot
Der Abonnent und der
Patriot im Gespräch.
Der
Patriot: »Kein Badezimmer in Downing Street!« Also was sagen Sie!
Der
Abonnent: Was soll ich sagen, es rieselt im Gemäuer.
Der
Patriot: »Kein Badezimmer in Downing Street!«
Der
Abonnent: No und wem haben wir diese befremdliche Entdeckung zu verdanken? Ihm!
(Moritz Benedikt!)
Der
Patriot: Natürlich, aber eigentlich hat Frau Lloyd George (die Gattin des
Premierministers) diese befremdliche Entdeckung gemacht, das muß man zugeben.
Der
Abonnent: No ja, aber er (Benedikt) hat gebracht (in der Neuen Freien Presse.
Gestern. Auf der Titelseite)!
Der
Patriot: No und wissen Sie, was daraus mit zwingender Logik folgt?
Der
Abonnent: Er (Benedikt) schreibt ja ausdrücklich, die britischen
Premierminister, die seit hundert und mehr Jahren in Downing Street residieren,
haben also auf den Luxus eines Bades entweder verzichtet oder eine öffentliche
Badeanstalt aufsuchen müssen.
Der
Patriot: Recht geschiehts ihnen, denen Schmutzianen. Ich hab a Freid!
Der
Abonnent: Und bitte, nicht wie bei uns, wegen dem Krieg – nein, über
hundert Jahr haben sie dort die Schweinerei anstehn lassen!
Der
Patriot: (Der vorige Premierminister) Asquith hat dort mit seiner Familie neun
Jahre lang verlebt.
Der
Abonnent: So hat er also neun Jahr nicht gebadet, er und die ganze Familie.
Der
Patriot: No, das kann man nicht sagen. Vielleicht ham sie eine öffentliche
Badeanstalt besucht.
Der
Abonnent: Bitte, das wurde nie gemeldet! Oder ham Sie je gelesen –
Der
Patriot: Nicht daß ich mich erinner.
Der
Abonnent: No also!
Der
Patriot: Aber wissen Sie, was doch möglich is? Gut, es is kein Badezimmer in
Downing Street. Gut, es is nach-gewiesen, sie sind auch nie in eine öffentliche
Badeanstalt gegangen – aber daraus folgt doch noch nicht, daß sie
überhaupt nicht gebadet haben seit hundert Jahr?
Der
Abonnent: Wieso? Mir scheint Sie sind etwas e Skeptiker!
Der
Patriot: Schaun Sie her, die (Frau von) Lloyd George hat es entdeckt, schreibt
er, wie sie eingezogen sind. No wenn sie so etwas entdeckt – was wird sie
tun künftig?
Der
Abonnent: Weiß ich? Mei Sorg!
Der
Patriot: Sie wird tun, vermutlich, was höchstwahrscheinlich auch die (Frau vom) Asquith getan hat –
Der
Abonnent: No was hat sie getan?
Der
Patriot: Was sie getan hat? Sie hat getan, vermut ich, was höchstwahrscheinlich
alle getan haben was dort gewohnt haben seit hundert Jahr.
Der
Abonnent: No was ham sie getan?
Der
Patriot: Was sie getan ham? – No is in Schönbrunn ein Badezimmer?
Der
Abonnent: Was denn is dort?!
Der
Patriot: No – ich hab mir sagen lassen – also ich will ja nichts
gesagt haben – aber nehmen wir an – also hat sich der Kaiser seit
hundert Jahr nicht gebadet oder glauben Sie, daß er ins Zentralbad geht?
Der
Abonnent: Schöner Patriot was Sie sind! Aber wie kommt das zu dem, sagen Sie
lieber was sie in Downing Street getan haben.
Der
Patriot: Was sie getan haben? Schon der einfache Laie muß das erkennen –
sie ham der Schickse geschafft, daß sie ihnen Wasser holt und ham sie geschickt
um e Schaff und dadarin ham sie sich gebadet!
Der
Abonnent (hält sich die Ohren zu): Ich kann so etwas nicht hören! Sie nehmen
einem die letzte Illusion!
Der
Patriot: Bitte, das is nur eine Vermutung. Ich glaub ja auch eher, daß er recht
hat – daß sie also entweder überhaupt nicht gebadet haben oder gezwungen
waren, eine öffentliche Badeanstalt aufzusuchen.
Der
Abonnent: Und ich sag Ihnen, sie ham überhaupt nicht gebadet! Punktum.
»Poincaré ist erschüttert und Lloyd George gedemütigt. Engländer und Deutsche
werden sich (bei den Friedensverhandlungen) in Stockholm begegnen.«
Der
Patriot: Was heißt das? Wie kommt das zu dem? Sie kommen mir schon vor wie (der
alte) Biach.
Der Abonnent: Sie, das
sollten Sie aber ja wissen, so schließt doch ein (der gestrige) Leitartikel
(vom Benedikt)!
(»Die
Kriegspartei wird schäumen, aber der allmähliche Aufstieg der Friedenspolitik
zeigt sich in Paris wie in London. Das Volk beginnt sich Rechenschaft zu geben,
warum es für Poincare und Lloyd-George die Kinder noch länger in den Tod
schicken solle. Langsam und sogar zaghaft ziehen sich die volkstümlichen
Parteien in Frankreich und England von den Männern zurück, die aus Machtgier
den Krieg verlängern. Kann er in demokratischen Staaten gegen die Volksmassen
fortgesetzt werden? Poincare ist erschüttert und Lloyd-George gedemütigt.
Engländer und Deutsche werden sich in Stockholm begegnen.«)
Der
Patriot: Natürlich – ich weiß doch! – Wissen Sie was ich glaub? Es
rieselt im Gemäuer.
Der
Abonnent: Wem sagen Sie das! Aber nicht von der Wasserleitung! In der ganzen
Entente hörich is kein Badezimmer. (Weder in England, noch in Frankreich oder
in Rußland!)
Der
Patriot: No das is übertrieben, haben Sie nicht gelesen die Zarin in der
Badewanne?
Der
Abonnent: No ja, aber sie hat sie bekanntlich mit Rasputin teilen müssen!
Der
Patriot: Wissen Sie, worauf ich gespannt bin?
Der
Abonnent: Worauf? ich bin gespannt.
Der
Patriot: Ob in Downing Street ein Klosett is! Oder ob sie seit hundert Jahren
gezwungen waren, entweder auf den Luxus zu verzichten oder eine öffentliche
Bedürfnisanstalt aufzusuchen. Gott strafe England.
Der
Abonnent: Ma werd doch da sehn.
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